Wer zu einer Unterlassung verpflichtet ist, muss auch Google benachrichtigen

Wenn bestimmte Inhalte im Internet aufgrund einer Unterlassungspflicht nicht mehr auffindbar sein sollen, muss auch eine Abrufbarkeit über Google ausgeschlossen werden. Dies entschied das OLG Celle mit Urteil vom 29.01.2015 (13 U 58/14). Das OLG sieht den Unterlassungsschuldner in der Pflicht, bei Google einen „Antrag auf Löschung im Google-Cache bzw. auf Entfernung der von der Webseite bereits gelöschten Inhalte“ zu stellen.

Dr. Thomas Weimann, Dr. Daniel Nagel

Europäische Kommission veröffentlicht Strategie für den digitalen Binnenmarkt

Bereits am 25. März veröffentlichte die Europäische Kommission eine Strategie für den digitalen Binnenmarkt. Nach dieser soll der grenzüberschreitende elektronische Handel unter anderem durch eine Senkung von Versandkosten für grenzüberschreitende Lieferungen und Vereinfachung der Mehrwertsteuerregelung gestärkt werden.

Dr. Thomas Weimann, Daniel Nagel

BMJ veröffentlicht Leitlinien zur Vorratsdatenspeicherung

Am 15. April veröffentlichte das Bundesjustizministerium Leitlinien zur Vorratsdatenspeicherung Diese beinhalten unter anderem eine geplante Speicherpflicht von Telefon- und Internetverbindungsdaten (nicht aber Inhaltsdaten) für einen Zeitraum von 10 Wochen sowie von Standortdaten für einen Zeitraum von 4 Wochen. Nach Ablauf dieser Frist sind Provider zu einer automatischen Löschung derselben verpflichtet. Inwieweit diese Leitlinien in einen Gesetzesentwurf überführt werden, bleibt abzuwarten.

Dr. Thomas Weimann, Daniel Nagel

Reputationsschutz auf Twitter, Tumblr & Co.

Mit Urteil vom 1. April 2015 (4 U 1296/14) entschied das OLG Dresden, dass auch Betreiber sogenannter Mikrobloggingdienste dazu verpflichtet sind, unwahre oder beleidigende Äußerungen zu löschen, soweit das Persönlichkeitsrecht eines Betroffenen gegenüber der Meinungs- und Medienfreiheit überwiegt. Das OLG bezieht sich darin auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshof zur Haftung von Informationsportalen (vgl. BGH, Urteil vom 27.03.2012, VI ZR 144/11, und BGH, Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10). Dementsprechend hält es eine Haftung des Betreibers erst dann für gegeben, wenn diesem ein konkret gefasster Hinweis vorliegt, nach dem ein „Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer“ erkannt werden könne. Eine Pflicht, Kommentare vorab zu überprüfen bestehe hingegen – wie bei Informationsportalen – nicht.

Dr. Thomas Weimann, Daniel Nagel

(Un)Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrags nach Drohung mit Kündigung

Nach BAG-Urteil vom 12.03.2015 kann der in einem vorformulierten Aufhebungsvertrag enthaltene Klageverzicht den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen (vgl. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB), wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch widerrechtliche Drohung mit einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung und einer Strafanzeige zum Abschluss des Aufhebungsvertrages veranlasst.
Das BAG ist der Ansicht, dass durch den im Aufhebungsvertrag vereinbarten Klageverzicht dem Arbeitnehmer faktisch die Möglichkeit zur Anfechtung des Aufhebungsvertrages genommen wird. Dies ist nur dann mit dem gesetzlichen Leitbild der AGB-Vorschriften vereinbar, wenn die Drohung mit der außerordentlichen, fristlosen Kündigung und/oder Strafanzeige nicht widerrechtlich ist. Dies ist etwa der Fall, wenn ein besonnener Arbeitgeber die Kündigung/Anzeige ernsthaft in Erwägung gezogen hätte.
Dies sollten Arbeitgeber überprüfen lassen, bevor einem Arbeitnehmer mit einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung gedroht wird, um ihn zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu veranlassen, insbesondere wenn dieser eine Klageverzichtsklausel enthält. Anderenfalls droht die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags.

Dr. Jörg Fecker, Dr. Thomas Glöckle, LL.M., Dr. Volker Nill, Dr. Betina Fecker, Dr. Sebastian Scheffzek, Nadine Crocoll

Die Eigenart der Arbeitsleistung als Profifußballspieler rechtfertigt nicht eine Befristung des Arbeitsvertrags

Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Urteil vom 19.03.2015 entschieden, dass allein die altersbedingt ungewisse Leistungsentwicklung eines Profifußballspielers nicht die Befristung seines Arbeitsverhältnisses wegen der Eigenart der Arbeitsleistung (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG) rechtfertigt.

Der Kläger, ein 36 Jahre alter Torwart, erhielt im Jahr 2009 beim beklagten Bundesligaverein einen auf 3 Jahre befristeten Vertrag als Lizenzfußballspieler. Unmittelbar im Anschluss an die erste Befristung schlossen die Parteien im Sommer 2012 einen weiteren, auf zwei Jahre befristeten Vertrag. Hiergegen klagte der Bundesligatorwart im Jahr 2014 auf Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis unbefristet fortbesteht.
Eine sachgrundlose Verlängerung kam nicht mehr in Betracht, weil die höchst zulässige Befristungsdauer von 2 Jahren ohne Sachgrund bereits durch den ersten Arbeitsvertrag überschritten wurde. Überdies rechtfertige weder die Ungewissheit der Leistungsentwicklung als Eigenart der Arbeitsleistung, noch die insoweit bestehende Branchenüblichkeit die weitere Befristung des Arbeitsverhältnisses. Dies könne ausnahmsweise anders sein, wenn die Befristung ausdrücklich auf Wunsch des Profisportlers vereinbart worden wäre.
Abzuwarten bleibt, ob diese Rechtsprechung einer ober- und ggf. höchstrichterlichen Überprüfung standhält. Der beklagte Bundesligaverein hat bereits die Einlegung der Berufung öffentlich angekündigt.

Dr. Jörg Fecker, Dr. Thomas Glöckle, LL.M., Dr. Volker Nill, Dr. Betina Fecker, Dr. Sebastian Scheffzek

Entgeltfortzahlung nach langjähriger Alkoholabhängigkeit (Rückfall)

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 18.03.2015 klargestellt, dass eine Arbeitsunfähigkeit nur dann vom Mitarbeiter verschuldet ist und zu einem Ausschluss der Entgeltfortzahlung führt, wenn ein Arbeitnehmer in erheblichem Maße gegen das von einem verständigen Menschen in seinem eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstößt. Bei Arbeitsunfähigkeit in Folge von Alkoholabhängigkeit besteht grundsätzlich ein Entgeltfortzahlungsanspruch, da die Alkoholsucht eine Krankheit im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) darstellt. Dies gilt regelmäßig auch dann, wenn ein alkoholabhängiger Mitarbeiter nach zunächst erfolgreicher Therapie rückfällig wird. Gelingt es dem Arbeitgeber jedoch anhand eines medizinischen Gutachtens nachzuweisen, dass der Mitarbeiter die Alkoholsucht oder den Rückfall selbst verschuldet hat, besteht keine Pflicht zur Entgeltfortzahlung. Verweigert der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung und klagt der Mitarbeiter oder seine Krankenkasse diese ein, wird ein solches Gutachten eingeholt. Regelmäßig beruht die Alkoholabhängigkeit auf vielen Ursachen, so dass ein Verschuldensnachweis gegenüber dem Mitarbeiter nur ausnahmsweise gelingen wird.

Dr. Jörg Fecker, Dr. Thomas Glöckle, LL.M., Dr. Volker Nill, Dr. Betina Fecker, Dr. Sebastian Scheffzek, Nadine Crocoll

Besonderer Kündigungsschutz bei künstlicher Befruchtung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 26.3.2015 entschieden, dass der besondere Kündigungsschutz für Schwangere bereits ab dem Zeitpunkt besteht, in dem eine außerhalb des Körpers befruchtete Eizelle (in-vitro) in die Gebärmutter eingesetzt wird, nicht erst mit erfolgreicher Einnistung dieser Eizelle als Beginn der Schwangerschaft. Dies gilt jedenfalls, wenn der Arbeitgeber Kenntnis von der künstlichen Befruchtung/Schwangerschaft hat oder hierüber innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung unterrichtet wird (§ 9 Abs. 1 MuSchG). Das BAG bezieht sich überdies ausdrücklich auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2008, wonach eine Kündigung unwirksam ist, die der Arbeitgeber hauptsächlich aufgrund einer künstlichen Befruchtung ausspricht. Dies führt sogar dann zur Unwirksamkeit der Kündigung, wenn die außerhalb des Körpers befruchtete Eizelle noch nicht in die Gebärmutter eingesetzt wurde. Ferner verstößt eine aufgrund einer künstlichen Befruchtung oder Schwangerschaft ausgesprochene Kündigung gegen das Benachteiligungsverbot des AGG wegen unmittelbarer Diskriminierung des Geschlechts und kann einen Entschädigungsanspruch der gekündigten Mitarbeiterin auslösen.

Arbeitgeber sollten unbedingt den Eindruck vermeiden, dass eine Kündigung aufgrund einer Schwangerschaft oder einer künstlichen Befruchtung beruht. Bestehen ausschließlich sachliche Gründe für die Kündigung sollten diese dokumentiert werden; hat der Arbeitgeber Kenntnis von der erfolgten Einsetzung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter oder der festgestellten Schwangerschaft ist ein behördliches Zustimmungsverfahren vor Ausspruch einer Kündigung zwingend erforderlich.

Dr. Jörg Fecker, Dr. Thomas Glöckle, LL.M., Dr. Volker Nill, Dr. Betina Fecker, Dr. Sebastian Scheffzek, Nadine Crocoll