Pfändungsschutz für Rentenversicherungen

Unter bestimmten Voraussetzungen genießen Leistungen aus privaten Rentenversicherungen gemäß § 851c ZPO Pfändungsschutz. Sie können von Gläubigern des Versicherungsnehmers dann nur wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. Dies bedeutet, dass nur die Pfändung des über die Pfändungsfreigrenzen hinausgehenden Rentenbetrags möglich ist. Durch die Regelung möchte der Gesetzgeber vor allem Personen, die nicht gesetzlich rentenversichert sind, den Aufbau einer pfändungsgeschützten Altersversorgung ermöglichen.

Erfüllt ein Rentenversicherungsvertrag die Anforderungen des § 851c ZPO nicht, kann der Versicherungsnehmer gemäß § 167 VVG die Umwandlung in einen pfändungsgeschützten Vertrag verlangen. Es war bislang umstritten, ab wann der Pfändungsschutz in diesem Fall wirkt. Der Bundesgerichtshof hat nun mit Urteil vom 22.07.2015 entschieden, dass der Pfändungsschutz frühestens mit der Abänderung des Versicherungsvertrags beginnen kann. Allein die Einreichung des Umwandlungsantrags beim Versicherer führt noch nicht zum Pfändungsschutz.

Umwandlungsanträge „in letzter Minute“ vor einer bevorstehenden Pfändung oder Insolvenzeröffnung kommen daher häufig zu spät. Wer seine Altersversorgung ganz oder größtenteils auf privaten Rentenversicherungen aufbaut, sollte daher rechtzeitig prüfen, ob eine Umwandlung der Verträge notwendig und sinnvoll ist.

Dr. Volker Nill 

HOAI-Verstoß im Vergabeverfahren

Verstößt die Vergabestelle mit ihrer Ausschreibung von Architekten- oder Ingenieurleistungen gegen das in der HOAI enthaltene öffentlich-rechtliche Preisrecht, kann der Bieter dies rügen und Rechtsschutz in Form eines Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer verlangen, wenn die Schwellenwerte überschritten sind. Unbenommen bleibt dem zum Zuge gekommenen Bieter, das richtig berechnete Honorar vor den Zivilgerichten zu beanspruchen, sollte durch den HOAI-Verstoß im Vergabeverfahren der von der HOAI vorgegebene Mindestsatz unterschritten werden und der Auftraggeber einen Ausgleich der richtig berechneten Forderung verweigern. Gleiches gilt, wie eine Entscheidung des OLG Frankfurt/ Main zeigt (Az. 13 U 44/12), wenn ein Auftrag an den Bieter nicht erteilt wird, er aber im Vergabeverfahren Architekten- oder Ingenieurleistungen außerhalb eines Wettbewerbs erbrachte (§ 20 VOF): Neben der stets möglichen Rüge und einem bei Überschreiten der Schwellenwerte möglichen Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer kann der Bieter vor den Zivilgerichten eine HOAI-konforme Vergütung gemäß § 20 Abs. 3 VOF verlangen.

Dr. Rainer Laux, Dr. Andreas Digel, Henrik Jacobsen

Bau-, Architekten- und Ingenieurrecht: Wer trägt die Kosten einer Sicherheit?

Ein von Architekten und Ingenieuren selten genutztes Mittel ist, vom Auftraggeber für ihren Honoraranspruch eine Sicherheit gemäß § 648 a BGB zu verlangen. Die Sicherheit, die zumeist in Form einer Bürgschaft geleistet wird, sichert das zu erwartende Honorar für beauftragte aber noch nicht bezahlte Leistungen. Ob diese bereits erbracht oder noch nicht erbracht sind, spielt dagegen keine Rolle. Die Kosten der Sicherheit trägt nach dem Gesetz bis zu einer bestimmten Obergrenze der Auftragnehmer. Dies gilt aber nicht, wenn sich – wie häufig bei Verlangen einer Sicherheit – die Rückgabe der Sicherheit wegen Einwendungen des Auftraggebers gegen den Vergütungsanspruch verzögert und sich diese Einwendungen als ganz oder teilweise unbegründet erweisen. Dann hat der Auftraggeber die auf den Zeitraum der Verzögerung entfallenden Kosten zu tragen, wie das OLG Stuttgart unlängst entschied (Az. 10 U 1/13).

Dr. Rainer Laux, Dr. Andreas Digel, Henrik Jacobsen

Bau-, Architekten- und Ingenieurrecht: Wieder einmal Schiffbruch bei Pay-when-paid-Klausel

In Nachunternehmerverträgen findet sich regelmäßig die Regelung, dass eine Zahlung an den Nachunternehmer erst erfolgt, wenn auch der Hauptauftragnehmer vom Auftraggeber das für die erbrachten Leistungen vereinbarte Honorar erhält (sog. Pay-when-paid-Klausel). Wird sie in einem vom Hauptauftragnehmer gestellten schriftlichen Nachunternehmervertrag verwendet, ist sie als Allgemeine Geschäftsbedingung regelmäßig unwirksam, weil sie den Nachunternehmer unangemessen benachteiligt. Er kann sein Honorar unabhängig von der Zahlung des Hauptauftraggebers einfordern und durchsetzen. Aber auch die mündliche Abrede, Zahlungen erst dann zu leisten, wenn der Hauptauftraggeber bezahlt hat, hält nicht stand, wie eine aktuelle Entscheidung des OLG Stuttgart (Az. 10 U 1/13) zeigt: Zwar kann bei einer mündlichen Abrede nicht ohne Weiteres auf das Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen geschlossen werden; die Unwirksamkeit der mündlichen Abrede ergibt sich aber aus § 8 Abs. 4 HOAI 1996 (§ 15 Abs. 1 HOAI 2013): Denn von der HOAI abweichende Fälligkeitsregelungen wie in Pay-when-paid-Klauseln sind nur dann wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden. Daraus folgt: Gleich in welcher Form die Abrede getroffen wird – im Ernstfall schützt sie den Hauptauftragnehmer nicht davor, Zahlungen auch dann an den Nachunternehmer leisten zu müssen, wenn der Hauptauftraggeber noch nicht bezahlt hat.

Dr. Rainer Laux, Dr. Andreas Digel, Henrik Jacobsen

Bau-, Architekten- und Ingenieurrecht: Beurteilungsspielraum bei der Honorarzone?

Der in der Praxis mit am häufigsten auftretende Grund für die Unterschreitung des von der HOAI vorgegebenen Mindestsatzes in einer Honorarvereinbarung ist die Wahl einer zu niedrigen Honorarzone. Dies hat seinen Grund nicht zuletzt darin, dass bei Vertragsschluss der die Einordnung in Honorarzonen bestimmende Schwierigkeitsgrad der Planungsaufgabe noch nicht abschließend feststeht. Wird dieser dann im Zuge der Planung offenbar, wird häufig die Auffassung vertreten, die Parteien seien an die vereinbarte Honorarzone gebunden. Begründet wird dies regelmäßig mit einem angeblichen Beurteilungsspielraum bei der Einordnung der Objekte in Honorarzonen. Diese Ansicht verkennt, dass nach der Rechtsprechung des BGH auch die Vereinbarung einer zu niedrigen Honorarzone grundsätzlich unwirksam ist, wenn sie zu einer Unterschreitung der Mindestsätze führt. Für die Einordnung in die zutreffende Honorarzone kommt es auf eine objektive Beurteilung an. Lediglich in Zweifelsfällen, in denen eine eindeutige Zuordnung in die eine oder andere Honorarzone nicht möglich ist, soll die Vereinbarung der Parteien über die Honorarzone zu berücksichtigen sein. Dies verkannte unlängst das OLG Hamm (Az. 24 U 136/12): Der Honorarsachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die Einordnung des zu planenden Objekts anhand der Bewertungsmerkmale des § 11 Abs. 3 HOAI 1996 mit 27,0 Punkten eine Einordnung in Honorarzone IV gebietet. Diese nur leichte Überschreitung des Punkterahmens der Honorarzone III nahm das Gericht zum Anlass, den Architekten an der vereinbarten Honorarzone III festzuhalten. Die Parteien hätten bei der Beurteilung der Honorarzone einen Ermessensspielraum. Dies übersieht, dass der Beurteilungsspielraum nur dann eröffnet ist, wenn eine eindeutige Zuordnung in die eine oder andere Honorarzone nicht möglich ist, was im vom OLG Hamm zu entscheidenden Fall allerdings gegeben war.

Dr. Rainer Laux, Dr. Andreas Digel, Henrik Jacobsen

Keine Vermutung für Vollarchitektur bei Beauftragung mit Leistungsphasen 1 bis 4

Ist ein Architekt zunächst mit Leistungsphase 1 bis 4 beauftragt und wird er in der Folge mit der Erbringung weiterer Leistungsphasen beauftragt, besteht keine Vermutung für eine Beauftragung mit einer Vollarchitektur. Es liegt vielmehr eine stufenweise Beauftragung des Architekten vor. Das hat das OLG Hamm (Urteil vom 25.02.2015 – Az. 17 U 90/12) in Übereinstimmung mit der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.07.1996 – Az. 21 U 237/94) bestätigt. Das Gericht sieht insbesondere beim Übergang von Leistungsphase 4 zur Leistungsphase 5 eine Stufe, die einer Vermutung für Beauftragung des Architekten mit einer Vollarchitektur widerspricht. Typischerweise warten die Parteien mit der Beauftragung der Ausführungsplanung zu, bis die Baugenehmigung erteilt ist. Aus diesem Grund ist auch die Verjährung von Ansprüchen gesondert zu betrachten.

Dr. Rainer Laux, Dr. Andreas Digel, Henrik Jacobsen

Bau-, Architekten- und Ingenieurrecht: Unbestimmter Vertrag nicht zwingend unwirksam

Bei unbestimmbarem Leistungsinhalt kann der Architektenvertrag dahingehend ausgelegt werden, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Bauherrn vorliegt (BGH, Urteil vom 23.04.2015 – VII ZR 131/13). Hat ein Bauherr den Architekten mit allen Leistungsphasen beauftragt, ist der Vertrag nicht zwingend unwirksam, wenn noch nicht absehbar ist, welche Leistungen konkret zu erbringen sind. Der Entscheidung lag ein Fall zugrunde, bei dem Planungsleistungen für mehrere Gebäude zu erbringen waren, wobei offen war, ob und in welchem Umfang die einzelnen Gebäude von Umbaumaßnahmen betroffen sein sollten. Der BGH entschied, dass in diesen Fällen die Erbringung der Leistungsphase 1 in jedem Fall wirksam vereinbart ist, da diese Leistungsphase ausdrücklich an die Ermittlung des Planungsbedarfs anknüpft. Dagegen ist der Umfang der Leistungen für die folgenden Leistungsphasen in diesem Stadium noch nicht hinreichend bestimmbar und deswegen nicht eindeutig vertraglich geregelt worden.

Dr. Rainer Laux, Dr. Andreas Digel, Henrik Jacobsen

Bauüberwachender Architekt muss keine Spezialkenntnisse haben

Der mit der Bauüberwachung beauftragte Architekt haftet nicht für Ausführungsmängel der Baufirma, wenn diese nur von einer Spezialfirma erkannt werden können. In der Entscheidung des OLG Jena (Urteil vom 08.01.2015 – Az. 1 U 268/13) ging es um die mangelhafte Ausführung einer Schwimmbadabdichtung für die auch der mit Leistungsphase 8 beauftragte Generalplaner gesamtschuldnerisch in Haftung genommen werden sollte. Dem folgte das Gericht nicht. Der gerichtlich bestellte Gutachter bestätigte, dass der Bauüberwacher die Mängel nicht hätte erkennen können.

Dr. Rainer Laux, Dr. Andreas Digel, Henrik Jacobsen

Bau-, Architekten- und Ingenieurrecht: Unwirtschaftliche Planung begründet Mangel

Ist für den Architekten offensichtlich, dass sich Planungsziele und Wirtschaftlichkeitserwägungen des Bauherrn widersprechen, muss er seine planerische Lösung mit dem Bauherrn abstimmen. Unterlässt er dies, ist seine Planung mangelhaft. Das hat das OLG Brandenburg in seinem Urteil vom 14.01.2015 (Az. 4 U 27/13) entschieden. Das Gericht stellt in seinen Urteilsgründen zunächst heraus, dass der Architekt nicht verpflichtet ist, so kostengünstig wie möglich zu planen. Dies entbindet den Architekten jedoch nicht von seiner Pflicht zur Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Vorgaben des Bauherrn. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich bei Bauherrn um öffentliche Auftraggeber handelt. Diese unterliegen nach Auffassung des Gerichts einem besonderen Wirtschaftlichkeitsgebot und sind bekanntermaßen für die Durchführung von Bauvorhaben auf Fördermittel angewiesen.

Dr. Rainer Laux, Dr. Andreas Digel, Henrik Jacobsen

Architekt muss schwierige oder gefahrenträchtige Arbeiten besonders überwachen

Der Umfang der Bauaufsichtspflicht des Architekten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Bei einfachen, gängigen Arbeiten wie Maler- oder Innenputzarbeiten reichen in der Regel Stichproben oder eine Endkontrolle aus. Der bauüberwachende Architekt muss allerdings schwierige oder gefahrträchtige Arbeiten besonders sorgsam überwachen. Das hat das OLG Frankfurt (Urteil vom 05.02.2015 – Az. 23 U 203/12) in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung der Obergerichte zum Umfang der Bauaufsichtspflicht (zuletzt OLG Koblenz, Urteil vom 20.12.2012 – Az. 1 U 926/11) erneut bestätigt. Zu den kritischen Werkleistungen mit erhöhtem Bedarf an Überwachung zählen nach Auffassung der Gerichte insbesondere Isolierungs- und Abdichtungsarbeiten sowie Dacharbeiten, da diese naturgemäß nur kurzzeitig überwacht werden können, bevor sich etwaige Mängel endgültig und damit nicht mehr reversibel im Bau niederschlagen. Eine einmal versäumte Bauaufsicht kann in diesen Fällen nicht mehr nachgeholt werden.

Dr. Rainer Laux, Dr. Andreas Digel, Henrik Jacobsen