Der Entwurf für eine europäische Datenschutz-Grundverordnung stellt eine begrüßenswerte Vereinheitlichung des europäischen Datenschutzes dar. Der Schutz der Betroffenen wird zum Teil erweitert. Ob die neuen Regeln auch den beabsichtigten Bürokratieabbau herbeiführen, wird sich erst noch zeigen müssen. Abzuwarten bleibt auch, ob sich das im weltweiten Vergleich strenge Datenschutzniveau, wie geplant, als Wettbewerbsvorteil erweisen wird.
Monat: Dezember 2015
Gemeinsamer Entwurf für eine Datenschutz-Grundverordnung: Änderungen gegenüber der bisherigen Rechtslage
Sollte der Entwurf Anfang kommenden Jahres vom Europäischen Parlament angenommen werden, haben sich Unternehmen ab 2018 auf folgende Änderungen einzustellen:
- Die Rechte der Betroffenen gegenüber der verantwortlichen Stelle werden gestärkt:
Auskunftsansprüche, wie sie schon im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) enthalten sind, bleiben erhalten.
Das Recht auf Löschung personenbezogener Daten wird ausgeweitet („Recht auf Vergessenwerden“).
Ein „Recht auf Datenübertragbarkeit“ von einem Anbieter zum anderen wird eingeführt. - Das „Marktortprinzip“ wird eingeführt. Auch Unternehmen, die Ihren Sitz nicht in der EU haben, werden die europäischen Datenschutzregeln befolgen müssen, wenn sie ihre Dienstleistungen in der EU anbieten.
- Kleine und mittlere Unternehmen müssen keinen Datenschutzbeauftragten mehr bestellen, sofern die Datenverarbeitung nicht ihr Kerngeschäft ist und sie nicht in erheblichem Umfang besondere Arten personenbezogener Daten (vgl. derzeit etwa § 3 Abs. 9 BDSG) verarbeiten.
- Kleine Unternehmen, die keinen Datenschutzbeauftragten haben, sind derzeit verpflichtet, der Datenschutzbehörde zu melden, wenn sie personenbezogene Daten automatisiert verarbeiten. Diese Meldepflicht soll entfallen.
- Unternehmen sollen verpflichtet werden, Datenpannen (z.B. durch Hacking-Angriffe) den Aufsichtsbehörden zu melden.
- Verstöße gegen die datenschutzrechtlichen Vorschriften sollen mit Geldbußen in Höhe von bis zu 4 % des weltweiten Jahresumsatzes geahndet werden können.
Gemeinsamer Entwurf für eine Datenschutz-Grundverordnung: Zum Hintergrund
Bislang existiert auf EU-Ebene die vor 20 Jahren in Kraft getretene Datenschutz-Richtlinie. Auf Grundlage dieser Richtlinie haben die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten eigene Datenschutzgesetze erlassen. Der hierdurch entstandene Flickenteppich soll nun durch ein einheitliches europäisches Datenschutzrecht ersetzt werden. Anders als die Datenschutz-Richtlinie wird die Datenschutz-Grundverordnung in den einzelnen Mitgliedsstaaten unmittelbar gelten. Nationale Umsetzungsgesetze sind (mit Ausnahme der Möglichkeit, die Altersgrenze für eine wirksame Einwilligung durch Minderjährige von 16 bis auf maximal 13 Jahre herabzusetzen) nicht erforderlich. Schärfere Regeln im einen, und schwächere Regeln im anderen Mitgliedsstaat soll es dann nicht mehr geben.
Laos tritt dem Protokoll zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken bei
Drei Monate nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde am 07.12.2015 wird das Protokoll mit Wirkung für die Demokratische Volksrepublik Laos am 07.03.2016 in Kraft treten. Ab diesem Datum kann das südostasiatische Land im Rahmen einer internationalen Markenregistrierung benannt werden.
Mit dem Beitritt des an Thailand angrenzenden Laos steigt die Anzahl der Mitgliedsstaaten des Protokolls auf nunmehr 97.
Thomas Janssen, Dr. Mark Wiume, Philip Kohl, Marco Juresic
Vertretung einer GmbH im Kündigungsschutzprozess gegen ihren ehemaligen Geschäftsführer
Das Oberlandesgericht in Zweibrücken entschied mit Urteil vom 29.07.2015 (Az. 1 U 194/13), dass eine GmbH in einem Prozess, den ihr ehemaliger Geschäftsführer gegen die Wirksamkeit einer ihm gegenüber ausgesprochenen Kündigung seines Geschäftsführeranstellungsvertrages führt, ordnungsgemäß durch ihre Geschäftsführer vertreten wird. Zwar eröffne das Gesetz der Gesellschafterversammlung der GmbH gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG die Möglichkeit, in derartigen Konstellationen einen anderen, den sogenannten besonderen Prozessvertreter zu bestellen. Macht die Gesellschafterversammlung von dieser Möglichkeit aber keinen Gebrauch, wird sie im Prozess durch ihre Geschäftsführer vertreten, auch wenn diese möglicherweise nicht in der Lage sein sollten, den Prozess unbefangen zu führen.
Im Streitfall wurde die beklagte GmbH im Prozess vor dem Landgericht und anschließend vor dem Oberlandesgericht gegen ihren ehemaligen Geschäftsführer von den amtierenden Geschäftsführern vertreten. Vom Kläger wurde die Klage gegen die GmbH, vertreten durch ihre Geschäftsführer, erhoben und wurde so der Beklagten auch zugestellt. Die Gesellschafterversammlung der beklagten GmbH sah davon ab, gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG für die Prozessführung einen besonderen Vertreter zu bestellen. Gleichwohl wandte die GmbH im Prozess ein, die Klage sei unzulässig, da sie im Prozess gegen ihren ehemaligen Geschäftsführer nicht durch die amtierenden Geschäftsführer, sondern durch die Gesellschafterversammlung vertreten werden müsse. Die Gesellschaft erklärte im Prozess, dass ihre Gesellschafterversammlung die Prozessführung durch die Geschäftsführer ausdrücklich nicht genehmige. Das Oberlandesgericht hielt die Klage entgegen der Entscheidung des Landgerichts für zulässig. Anders als § 112 AktG im Recht der Aktiengesellschaft, wonach die Aktiengesellschaft gerichtlich und außergerichtlich gegenüber amtierenden, ehemaligen und künftigen Vorstandsmitgliedern zwingend durch den Aufsichtsrat vertreten wird, sei § 46 Nr. 8 GmbHG keine zwingende Vertretungsregelung, sondern eine Regelung der Kompetenz zur Beschlussfassung, die der Gesellschafterversammlung lediglich die Möglichkeit einräumt, zur Vertretung in Prozessen gegen (ehemalige) Geschäftsführer einen besonderen Vertreter zu bestellen. Macht die Gesellschafterver- sammlung von dieser Regelung keinen Gebrauch, verbleibe es – mangels anderweitiger gesetzlicher Regelung – bei der Vertretung der Gesellschaft durch ihre Geschäftsführer gemäß § 35 GmbHG.
Bewertung:
Der Entscheidung ist uneingeschränkt zuzustimmen. § 46 Nr. 8 GmbHG kann nicht so verstanden werden, dass in dem Fall, in dem die Gesellschafterversammlung keinen besonderen Vertreter bestellt, die Geschäftsführer von ihrer organschaftlichen Vertretungsmacht ausgeschlossen sind.
Anfechtbarkeit eines Entlastungsbeschlusses für die Geschäftsleitung einer GmbH & Co. KG
Das Oberlandesgericht München entschied mit Urteil vom 22.07.2015 (Az. 7 U 2980/12), dass der Geschäftsleitung einer Publikumsgesellschaft (Filmfonds) in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG Entlastung nicht erteilt werden darf, wenn die Geschäftsleitung in erheblicher Weise sowohl gegen Satzung als auch gegen Gesetz verstößt, ohne diesen Verstoß spätestens in der Gesellschafterversammlung zu erklären oder zu rechtfertigen.
Geklagt hatte im Streitfall ein Treugeber, der über die Treuhandkommanditistin mittelbar als Kommanditist an der beklagten GmbH & Co. KG beteiligt war. Auf der Gesellschafterversammlung im Jahr 2011 sollte über die Feststellung der Jahresabschlüsse 2007 bis 2010 sowie über die Entlastung der Geschäftsführung für die Jahre 2008 bis 2010 beschlossen werden, was letztlich auch geschah. Im Vorfeld zur Gesellschafterversammlung wurden den Gesellschaftern die Entwürfe der festzustellenden Jahresabschlüsse erstmals übermittelt.
Nach dem Gesellschaftsvertrag der GmbH & Co. KG war die Geschäftsleitung verpflichtet, bis zum 1. Dezember des jeweiligen Folgejahres den Jahresabschluss aufzustellen. Weiter war sie verpflichtet, den Entwurf des Jahresabschlusses allen Gesellschaftern spätestens mit der Ladung zur Gesellschafterversammlung zuzuleiten, damit die Gesellschafterversammlung über die Feststellung des Jahresabschlusses beschließen kann. Unstreitig wurden die Jahresabschlüsse für die Jahre 2007, 2008 und 2009 der Gesellschafterversammlung in den Vorjahren nicht vor gelegt. Gründe, warum dies unterblieb, hat die Geschäftsleitung nicht genannt.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts handelte die Geschäftsleitung in den Jahren 2008, 2009 und 2010 pflichtwidrig, da sie die Entwürfe für die Jahresabschlüsse der Vorjahre bei weitem nicht fristgerecht vorgelegt hat. Sie hätte deshalb nicht entlastet werden dürfen. Zwar stehe den Gesellschaftern bei der Frage der Entlastung der Geschäftsleitung ein weiter Ermessensspielraum zu und sei ein Entlastungsbeschluss nur dann anfechtbar, wenn keine andere Entscheidung als die Versagung denkbar und die Entlastung missbräuchlich ist. Das Oberlandesgericht sah einen solchen Fall aber als gegeben an. Die Geschäftsleitung habe sowohl gegen Satzung als auch gegen Gesetz verstoßen, ohne diesen Verstoß spätestens in der Gesellschafterversammlung auch nur ansatzweise zu erklären oder zu rechtfertigen. Das Verhalten der Geschäftsleitung sei auch ordnungsgeldbewehrt gemäß §§ 335 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 335b HGB. Schon unter diesem Gesichtspunkt sei von einem schwerwiegenden Verstoß der Geschäftsleitung auszugehen, und dies über mehrere Jahre hinweg.
Hinweis für die Praxis:
Die Entscheidung ist nicht nur für Publikumsgesellschaften relevant. Sie ist von allgemeiner Bedeutung für die Entlastung der Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung und in der Rechtsform der GmbH & Co. KG.
Noch einmal zur Wirksamkeit von Verträgen zwischen Aktiengesellschaft und Vorstandsmitgliedern: Nichtigkeit oder lediglich schwebende Unwirksamkeit bei Verstoß gegen § 112 AktG?
Auch das Oberlandesgericht Brandenburg setzte sich im Urteil vom 14.01.2015 (Az. 7 U68/13) mit Fragen des § 112 AktG – nach dieser Vorschrift wird die Aktiengesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern gerichtlich und außergerichtlich durch den Aufsichtsratvertreten – auseinander und entschied, dass im Falle eines Verstoßes gegen § 112 AktG der Vertrag nicht lediglich schwebend unwirksam sei, so dass der Unwirksamkeitsgrund mit der Folge des späteren Wirksamwerdens des Vertrages geheilt werden könne, sondern endgültig nichtig sei. Bislang war höchstrichterlich nicht entschieden, ob ein Verstoß gegen die Vertretungsregelung in § 112 AktG zur endgültigen Nichtigkeit oder lediglich zur schwebenden Unwirksamkeit des Vertrages führt. In Literatur und ober- landesgerichtlicher Rechtsprechung ist diese Frage umstritten. Nach weit verbreiteter Auffassung führt ein Verstoß gegen § 112 AktG lediglich zur schwebenden Unwirksamkeit, was zur Folge hat, dass der Aufsichtsrat den von dem Verstoß betroffenen Vertrag auch noch nachträglich genehmigen kann. Diese Möglichkeit versagt nun das Oberlandesgericht Brandenburg und sieht Verträge, die unter Verstoß gegen § 112 AktG geschlossen wurden, als nichtig wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB an.
Im Streitfall klagte ein Insolvenzverwalter über das Vermögen einer Aktiengesellschaft gegen eine GmbH auf Rückzahlung von der Aktiengesellschaft geleisteter Zahlungen aus verschiedenen Verträgen. Gesellschafter und Geschäftsführer der beklagten GmbH war ein ehemaliges Vorstandsmitglied der Aktiengesellschaft. Unter anderem wurde zwischen der Aktiengesellschaft und der GmbH ein Beratungsvertrag über die Tätigkeit als kaufmännischer Leiter abgeschlossen. Der Beratungsvertrag wurde später abgeändert auf die Tätigkeit als Finanzvorstand. Kurze Zeit nach Abschluss des Beratungsvertrags wurde der Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH auch tatsächlich vom Aufsichtsrat zum Finanzvorstand der Aktiengesellschaft bestellt. Der Beratungsvertrag wurde auf Seiten der Aktiengesellschaft durch ein Vorstandsmitglied der Aktiengesellschaft unterzeichnet. Der Aufsichtsrat beschloss nicht über den Abschluss des ursprünglichen Be- ratungsvertrages, sondern genehmigte lediglich dessen Verlängerung. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist der Beratungsvertrag wegen Verstoßes gegen § 112 S. 1 AktG nach § 134 BGB nichtig, weil die Aktiengesellschaft bei Vertragsschluss durch den damaligen Vorstand und nicht durch den Aufsichtsrat vertreten wurde. Das Oberlandesgericht stellt im Einklang mit der aktuellen höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung klar, dass die Vertretungsregelung des § 112 AktG umfassende Geltung besitzt. Insbesondere gilt sie auch gegenüber Personen, die erst noch Vorstandsmitglieder werden sollen. Ferner ist die Regelung anwendbar bei der Vertretung der Aktiengesellschaft gegenüber einem vom Vorstandsmitglied beherrschten Unternehmen.
Zur Rechtsfolge der Nichtigkeit führt das Oberlandesgericht aus, dass nach Sinn und Zweck der Regelung des § 112 AktG die Rechtsfolge eines Verstoßes weitreichend sein müsse und sich nicht in einer schwebenden Unwirksamkeit mit nachträglicher Genehmigungsmöglichkeit erschöpfen dürfe. Nach einhelliger Meinung lasse § 112 AktG gerade keine Vollmachtserteilung durch den Aufsichtsrat an den Vorstand zum Abschluss von Verträgen mit Vorstandsmitgliedern zu. Würde aber durch das Konstrukt des zunächst (schwebend) unwirksamen Vertrages die spätere Genehmigungsmöglichkeit eröffnet, träten dieselben Wirkungen ein wie bei einer anfänglichen Bevollmächtigung, die aber ge- rade ausgeschlossen sein soll. Hinzu käme, dass die Willensbildung im Aufsichtsrat in § 108 AktG zwingend geregelt sei und Beschlüsse des Aufsichtsrats nichtig seien, wenn er nicht beschlussfähig war oder nicht sämtliche Mitglieder eingeladen worden seien. Handele dann aber anstelle des Aufsichtsrats ein anderes Organ der Gesellschaft außerhalb seiner Zuständigkeit und ohne die Regeln für die Willensbildung in der Gesellschaft einzuhalten, könne dessen Handeln nicht lediglich schwebend unwirksam sein.
Bewertung:
Es bleibt abzuwarten, ob sich der Bundesgerichtshof – gegen das Urteil wurde Revision eingelegt – der Auffassung des Oberlandesgerichts Brandenburg anschließt. Für die Praxis bedeutet die Entscheidung aber einmal mehr, dass beim Abschluss von Verträgen zwischen einer Akti- engesellschaft und dessen Vorstandsmitglied oder einer vom Vorstandsmitglied beherrschten und vertretenen Gesellschaft größte Vorsicht geboten ist.
Wirksamkeit eines zwischen einer Aktiengesellschaft und einem Vorstandsmitglied abgeschlossenen Vertrags – Anforderungen an die Entscheidungsfindung im Aufsichtsrat
Das Oberlandesgericht München entschied mit Urteil vom 05.03.2015 (Az. 23 U 2384/14) über die Wirksamkeit eines Geschäftsanteilskaufvertrages, der zwischen einer Aktiengesellschaft und ihrem damaligen Vorstandsmitglied geschlossen wurde. Dabei befasste sich das Oberlandesgericht insbesondere mit der Frage, welche Anforderungen an den Aufsichtsratsbeschluss zu stellen sind, mit dem der Aufsichtsrat dem Vertragsschluss zwischen Aktiengesellschaft und Vorstandsmitglied zustimmt. Dieser Beschluss müsse sich auf die wesentlichen Punkte des mit dem Vorstand abzuschließenden Rechtsgeschäfts beziehen. Sofern der Aufsichtsrat das Aushandeln des Vertrages einem seiner Mitglieder überlassen hat, habe der Aufsichtsrat über das Verhandlungsergebnis Beschluss zu fassen.
Die klagende Aktiengesellschaft und ihr früheres Vorstandsmitglied schlossen einen Geschäftsanteilskaufvertrag ab, mit dem die Aktiengesellschaft vom Vorstandsmitglied Geschäftsanteile an einer GmbH gegen Kaufpreiszahlung erwerben sollte. Für die Aktiengesellschaft handelte bei Abschluss des Kaufvertrags der Aufsichtsratsvorsitzende. Später nahm die Aktiengesellschaft ihr früheres Vorstandsmitglied auf Rückzahlung des von ihr gezahlten Kaufpreises mit der Begründung in Anspruch, der Geschäftsanteilskaufvertrag sei wegen Verstoßes gegen § 112 AktG unwirksam. Ein wirksamer Kaufvertrag liege nicht vor, da der Aufsichtsrat nicht in ausreichendem Maße über den Abschluss des Geschäftsanteilskaufvertrages Beschluss gefasst habe. Der Aufsichtsratsbeschluss, nach dem der Aufsichtsratsvorsitzende zum Abschluss des Vertrages berechtigt gewesen sein sollte, sei unzureichend.
Während das Landgericht München in erster Instanz noch entschieden hatte, dass – wie von der klagenden Aktiengesellschaft behauptet – ein Verstoß gegen § 112 AktG gegeben sei, da der vom Aufsichtsrat gefasste Beschluss nicht ausreiche, gelangte das Oberlandesgericht demgegenüber nach Vernehmung des Aufsichtsratsvorsitzenden und eines weiteren Aufsichtsratsmitglieds als Zeugen zu der Auffassung, dass der Aufsichtsrat in ausreichendem Maße Beschluss über die Vertragsinhalte gefasst habe und der Geschäftsanteilskaufvertrag daher wirksam abgeschlossen worden sei.
Nach § 112 Abs. 1 AktG vertritt bei Rechtsgeschäften mit einem Vorstandsmitglied der Aufsichtsrat als Organ, das heißt in seiner Gesamtheit, die Aktiengesellschaft. Die hierfür erforderliche Willensbildung des Aufsichtsrats er folgt gemäß § 108 Abs. 1 AktG durch ausdrücklichen Beschluss. Diese Notwendigkeit einer einheitlichen Willensbildung innerhalb des Kollegialorgans Aufsichtsrat kann nicht durch die Entscheidung eines Aufsichtsratsmitglieds oder des Aufsichtsratsvorsitzenden ersetzt werden. Sofern daher der Aufsichtsrat das Aushandeln eines Vertrages einem seiner Mitglieder überlässt, hat er über das Verhandlungsergebnis Beschluss zu fassen. Ein solcher Beschluss kann nicht stillschweigend gefasst werden. Sofern allerdings ein ausdrücklich gefasster Beschluss vorliegt, kann die Auslegung des protokollierten Beschlusses dazu führen, dass ein über den ausdrücklichen Beschlusswortlaut hinausgehender Erklärungsinhalt zu berücksichtigen ist. Nach diesen Grundsätzen kam das OLG München zu dem Ergebnis, dass der Aufsichtsrat abschließend über die wesentlichen Vertragsinhalte tatsächlich Beschluss gefasst hatte.
Hinweis für die Praxis:
Fragen des § 112 AktG und der Wirksamkeit von Verträgen zwischen Aktiengesellschaft und Vorstandsmitgliedern beschäftigen immer wieder die Gerichte und sind von hoher praktischer Relevanz, vgl. dazu auch den folgenden Beitrag. In der Praxis ist unbedingt darauf zu achten, dass der Aufsichtsrat als Gesamtorgan umfassenden und ausdrücklichen Beschluss über die Vertragsinhalte fasst und nicht lediglich eines seiner Mitglieder mit dem Aushandeln und Abschluss des Vertrages betraut, ohne selbst über den ausgehandelten Vertrag zu beschließen. In einem solchen Fall fehlt es dann an der notwendigen Willensbildung des Gesamtorgans Aufsichtsrat.