Keine Rechtsschutzdeckung beim Widerruf fondsgebundener Lebensversicherungen

Fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen sind häufig Gegenstand von Rechtsstreiten. Entwickeln sich die gewählten Fonds nicht wie erwartet, wird nach Möglichkeiten gesucht, sich rückwirkend vom Vertrag zu lösen. Nicht selten wird argumentiert, beim Vertragsschluss sei nicht zutreffend über bestehende Widerrufs- bzw. Widerspruchsrechte aufgeklärt worden, sodass die Rückabwicklung des Versicherungsvertrags verlangt werden könne. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.04.2019 kann für Rechtsstreite über den Widerruf von fondsgebundenen Lebensversicherungen jedoch regelmäßig keine Rechtsschutzdeckung in Anspruch genommen werden. Der in den meisten Rechtsschutz-Versicherungsbedingungen enthaltene Ausschluss für Rechtsstreite über Kapitalanlagegeschäfte erfasse auch fondsgebundene Lebensversicherungen.

Dr. Volker Nill

Schadenersatz auch ohne Rüge

In einem Urteil vom 18.06.2019 hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass ein im Vergabeverfahren zu Unrecht übergangener Bieter auch dann Schadenersatz verlangen kann, wenn er den Verstoß des öffentlichen Auftraggebers gegen Vergabevorschriften nicht zuvor rügt. In dem entschiedenen Fall hatte die Vergabestelle das Angebot des Bieters wegen einer angeblichen Änderung an den Vergabeunterlagen ausgeschlossen. Nach der Beauftragung eines Konkurrenten forderte der Bieter Schadenersatz.

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Honorarärzte und Honorarpflegekräfte im Krankenhaus sind regelmäßig sozialversicherungspflichtig

Es war in der Rechtsprechung bislang heftig umstritten, ob Honorarärzte und -pflegekräfte in Krankenhäusern auf selbstständiger Basis tätig sein können oder diese als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte anzusehen sind. Die Rentenversicherer haben bei diesen Honorarkräften in den letzten Jahren eine sehr rigorose Prüfungspraxis an den Tag gelegt, was für viele Einrichtungen zu hohen Nachforderungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen und in der Folge zu zahlreichen Rechtsstreiten geführt hat. Mit Spannung wurde daher eine Klärung durch das Bundessozialgericht erwartet. Diese ist nun durch mehrere Entscheidungen vom 04.06. und 07.06.2019 erfolgt. Danach sind Honorarärzte und -pflegekräfte in stationären Einrichtungen regelmäßig als abhängig beschäftigt und damit als sozialversicherungspflichtig einzustufen. Damit scheidet der Einsatz selbstständiger Honorarkräfte in Krankenhäusern, Pflegeheimen usw. künftig in aller Regel aus. Aber auch im ambulanten Bereich besteht beim Einsatz von Honorarärzten, Honorarpflegekräften und ärztlichem Hilfspersonal auf selbstständiger Basis die erhebliche Gefahr einer Scheinselbstständigkeit mit dem Risiko hoher Beitragsnachforderungen im Rahmen der Betriebsprüfung.

Dr. Ralf Kremer, Dr. Christian Wittmann, Prof. Dr. Hinner Schütze, Dr. Kristina Raske

EU-Kommission: Verstoß gegen das Vollzugsverbot bei „Warehousing“

Die EU-Kommission hat mit Entscheidung vom 27.06.2019 gegen Canon ein Bußgeld in Höhe von 28 Mio. € wegen Verstoßes gegen das Vollzugsverbot verhängt. Canon meldete den Erwerb eines Unternehmens bei der EU-Kommission zwar an, wählte dabei aber eine nach Ansicht der EU-Kommission kritische Struktur (sogenanntes „Warehousing“): In einem ersten Schritt erwarb ein Zwischenkäufer (für 800,00 €) 95 % des Aktienkapitals des Zielunternehmens, während Canon (für 5,28 Mrd. €) die restlichen 5 % der Aktien und Aktienoptionen über die Beteiligung des Zwischenkäufers erwarb. Dieser erste Schritt wurde bereits vor der Freigabe durch die EU-Kommission durchgeführt. In einem zweiten Schritt übte Canon nach der Genehmigung des Zusammenschlusses durch die EU-Kommission seine Aktienoptionen aus und erwarb so 100 % der Aktien.

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Bundeskartellamt/EU-Kommission: Kartellverfahren gegen Amazon

Mit Entscheidung vom 17.07.2019 hat das Bundeskartellamt ein Missbrauchsverfahren gegen Amazon bezüglich der Überprüfung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und bestimmter Verhaltensweisen gegenüber Händlern auf amazon.de eingestellt. Amazon hat seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Marktplatzhändler in den vom Bundeskartellamt beanstandeten Punkten (weltweit!) geändert und vielgestaltige Änderungen des Marktplatzbetriebs zugesichert. Dadurch wurden die wettbewerblichen Bedenken in Bezug auf die gerügten Verhaltensweisen nach Ansicht des Bundeskartellamts ausgeräumt. Nicht Gegenstand dieses Verfahrens waren Beschwerden von Lieferanten der Amazon Retail-Sparte.

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BGH: Aufhebung der Entscheidungen im Süßwaren- und Kaffeekartell

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschlüssen vom 21.06.2019 und 09.07.2019 die Urteile des Oberlandesgerichts Düsseldorf gegen diverse Süßwarenhersteller sowie den Drogeriehändler Rossmann aufgehoben. Beide Fälle müssen nun von einem anderen Senat des Oberlandesgerichts Düsseldorf neu aufgerollt werden. In beiden Konstellationen hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf die vom Bundeskartellamt wegen Kartellrechtsverstößen verhängten Bußgelder teils erheblich angehoben. Die von den Unternehmen hiergegen eingelegten Rechtsmittel waren erfolgreich. Die Gründe dafür sind sehr unterschiedlich:

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Sperrige Produkte muss ein Verbraucher bei Mängeln nicht zurücksenden

Mit Urteil vom 23.05.2019 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass ein Verbraucher ein im Fernabsatz gekauftes Produkt bei Mängeln nicht an den Verkäufer zurücksenden muss, wenn es sich um ein besonders sperriges, schweres oder zerbrechliches Produkt handelt. Im konkreten Fall ging es um ein 5×6 Meter großes Party-Zelt. Entscheidend war dabei für den Europäischen Gerichtshof, dass nach den Vorgaben der europäischen Vorschriften die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen für Verbraucher ohne erhebliche Unannehmlichkeiten möglich sein muss. Ob mit der Rücksendung eines bestimmten Produkts solche Unannehmlichkeiten verbunden sind, bleibt auch nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs eine Frage des Einzelfalls.

Dr. Thomas WeimannDr. Sonja KreßManuel KastnerLukas Bachert

Neue EU-Regelungen für Verbraucherverträge und digitale Dienstleistungen

Am 11.06.2019 sind die Warenkauf-Richtlinie (WKRL) und die neue Digitale-Inhalte-und-Dienste-Richtlinie (DIDRL) in Kraft getreten, die innerhalb von zwei Jahren vom deutschen Gesetzgeber in nationales Recht umzusetzen sind. Beide Richtlinien gelten nur für Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern.

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Neue Incoterms-Klauseln ab dem 01.01.2020

Bei grenzüberschreitenden Kaufverträgen werden die Verantwortlichkeiten, Risiken und Kosten im Zusammenhang mit der Lieferung der Kaufsache häufig durch Vereinbarung von Incoterms-Klauseln geregelt. Die Incoterms werden von der Internationalen Handelskammer (ICC) herausgegeben und wurden in den vergangenen Jahrzehnten regelmäßig angepasst, um auf die Entwicklungen der Weltwirtschaft zu reagieren. Dementsprechend wird die derzeit aktuelle Fassung der Incoterms aus dem Jahr 2010 ab dem 01.01.2020 von den Incoterms 2020 abgelöst. Der Inhalt der Incoterms 2020 wird im Herbst 2019 veröffentlicht und kann derzeit lediglich vorbestellt werden.

Um Missverständnisse zu vermeiden, ist es ratsam, bei der Vereinbarung von Incoterms stets die gemeinte Fassung zu bezeichnen, z. B. „EXW Incoterms 2020“.

Manuel Kastner

Insolvenzanfechtung bei drei Wochen verspäteter Zahlung

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat durch Urteil vom 13.12.2018 entschieden, dass ein Zahlungsempfänger die Zahlungsunfähigkeit seines Schuldners unter bestimmten Umständen bereits dann im insolvenzrechtlichen Sinne kennt, wenn der Schuldner mit der Zahlung einer erheblichen Forderung von rund 970.000,00 € trotz mehrerer Mahnungen mehr als drei Wochen in Rückstand gerät. Beide Parteien dieses Rechtsstreits waren in einem engen Marktsegment tätig, in dem Kunden, die erkennbar in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind oder bei denen es bereits zu Zahlungsausfällen gekommen ist, sofort nicht weiter beliefert werden. In solchen Fällen indizieren bei entsprechender Forderungshöhe bereits geringfügig verspätete Zahlungen zwingend die Zahlungsunfähigkeit. Das Gericht geht davon Weiterlesen