Gehaltsanpassung bei freigestellten Betriebsratsmitgliedern

Der siebte Senat des Bundesarbeitsgerichtes hat sich in einer seiner neueren Entscheidungen zu der Thematik der Anpassung der Vergütung freigestellter Betriebsräte geäußert (BAG, Urteil vom 04.11.2015 – 7 AZR 972/13). Wir haben dieses Urteil analysiert und wollen Sie über die für die Praxis bedeutsamen Aspekte informieren, insbesondere auch bezüglich der Vermeidung der – bei einer zu hohen, genauso wie einer zu niedrigen Vergütungszahlung – drohenden Strafbarkeitsrisiken:

Gemäß § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG darf das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrates einschließlich eines Zeitraumes von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Vergleichbar sind Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Amtsübernahme, ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben wie der Amtsträger und dafür in gleicher Weise wie dieser fachlich und persönlich qualifiziert waren.

Sachverhalt und Entscheidung

Der Kläger ist freigestellter Betriebsrat bei der Beklagten. Vor seiner Freistellung war er ca. zehn Jahre als Teamleiter beschäftigt. Er begehrt im Rahmen einer Stufenklage gegen seinen Arbeitgeber zunächst Auskunft über die einzelnen Gehaltssteigerungen von Teamleitern, die sich zu kommissarischen Abteilungsleitern entwickelt haben, und macht sodann die Anpassung seiner Vergütung an die eines kommissarischen Abteilungsleiters geltend. Er vertritt die Meinung, dass ihm dieses Entgelt zustehe, da er sich ohne die Freistellung ebenfalls zum kommissarischen Abteilungsleiter entwickelt hätte.

Das BAG stimmte dem Auskunftsanspruch im Grundsatz zu. Das Mitglied eines Betriebsrates könne einen möglichen Anspruch auf Gehaltsanpassung nur prüfen, wenn es zuvor Auskunft über die Gehaltsentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung erhält. Im vorliegenden Fall hat das Gericht den Anspruch jedoch verneint. Der Kläger habe nicht vorgetragen, mit welchen Arbeitnehmern er aus seiner Sicht vergleichbar sei, und warum darauf geschlossen werden könne, dass die Mehrzahl dieser Arbeitnehmer die behauptete Gehaltsentwicklung mitgenommen habe. Sofern dem Kläger diese Kenntnis fehle, müsse er wenigstens schlüssig Referenzfälle darlegen, aus denen auf eine betriebsübliche Beförderungspraxis geschlossen werden könne. Die abstrakte Behauptung einer Beförderungspraxis ohne jeden konkreten Beispielsfall genüge jedoch der Darlegungs- und Beweislast nicht. Daher hat das BAG auch die geltend gemachte Gehaltsanpassung im Ergebnis verneint.

Empfehlung

Die betriebliche Praxis muss das Thema Gehaltsentwicklung von Betriebsräten laufend im Blick haben.

Einerseits erfordert die Absicherung der eigenen Position des Arbeitgebers eine frühzeitige, laufende und sorgfältige Dokumentation der Berufs- und Gehaltsentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer, damit bei Auseinandersetzungen über die Höhe der Vergütung überzeugend argumentiert werden kann.

Andererseits ist die Benachteiligung oder Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern – z.B. aufgrund der Zahlung eines niedrigeren oder höheren Gehaltes – ein Straftatbestand (§ 119 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG). Es empfiehlt sich daher dringend eine vergleichbare Entwicklung der Gehälter sicherzustellen.

Dr. Jörg FeckerDr. Susanne Jochheim

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